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Vorkaufsrecht nach § 99a WHG

Worum geht es?

Nach § 99a des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) steht den Ländern ein Vorkaufsrecht an Grundstücken zu, die für Maßnahmen des Hochwasser- oder Küstenschutzes benötigt werden. Die Länder können das Vorkaufsrecht nicht nur für sich, sondern auch für bestimmte andere Körperschaften, Stiftungen und Personen ausüben, die in § 99a Absatz 5 WHG genannt sind; in Sachsen betrifft dies zurzeit nur Gemeinden und Teilnehmergemeinschaften in Flurbereinigungsverfahren. Die Vorschrift gilt unmittelbar und bedarf keiner Umsetzung in Landesrecht.

Was bedeutet das?

Notare, die einen Kaufvertrag für ein Grundstück beurkundet haben, müssen beim Land anfragen, ob das Grundstück für eine Maßnahme des Hochwasser- oder Küstenschutzes benötigt wird oder nicht. Wenn das Land dies bejaht und das Vorkaufsrecht nach § 99a WHG ausübt, erwirbt das Grundstück nicht der Käufer, der den Kaufvertrag unterschrieben hat, sondern das Land oder die Körperschaft, Stiftung oder Person, für die das Land das Vorkaufsrecht ausübt – und zwar zu den Bedingungen des beurkundeten Kaufvertrags. Nur wenn das Land auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes verzichtet oder sich innerhalb einer Frist von zwei Monaten nicht äußert, darf der Eigentumsübergang an den Käufer, der den Kaufvertrag unterschrieben hat, im Grundbuch vollzogen werden.

Wie wird diese Regelung in Sachsen umgesetzt?

Das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) hat im Sächsischen Amtsblatt vom 15. Dezember 2022 eine sogenannte Allgemeinverfügung veröffentlicht, in der der Freistaat Sachsen für das gesamte Jahr 2023 auf die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 99a WHG  grundsätzlich verzichtet (Generalverzicht). Von diesem Verzicht sind allerdings Grundstücke ausgenommen, die in einer sogenannten Positivliste enthalten sind, die dort ebenfall veröffentlicht wurde. Für im Jahr 2022 beurkundete Verträge gilt weiterhindie Positivliste des Jahres 2022.

Mit dem Generalverzicht und der Positivliste verzichtet der Freistaat Sachsen für den ganz überwiegenden Teil aller Grundstücke im Freistaat von vornherein auf die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 99a WHG. Der Verzicht und die Positivliste gelten auch für die in § 99a Absatz 5 WHG genannten Körperschaften, Stiftungen und Personen. Dadurch wird Rechtsklarheit geschaffen und der Grundstücksverkehr deutlich erleichtert.

Was haben Notare zu beachten?

Die Notare müssen dem Freistaat nur Kaufverträge über Grundstücke vorlegen, die in der Positivliste aufgeführt sind. Für alle anderen Grundstücke gilt der Generalverzicht. Von Vorkaufsanfragen zu diesen Grundstücken ist daher abzusehen. Für diese Grundstücke wird kein Einzelnegativattest erteilt.

Durch Verordnung des SMUL vom 10. Dezember 2019 wurde die Zuständigkeit für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 99a WHG mit Wirkung ab 1. Januar 2020 vom Staatsbetrieb Zentrales Flächenmanagement (ZFM) auf den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien-und Baumanagement (SIB) übertragen.

Vorkaufsanfragen nach § 99a WHG zu Grundstücken, die in der Positivliste aufgeführt sind, sind  daher ab 1. Januar 2020 ausschließlich an den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) unter folgender Adresse zu richten:

Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien-und Baumanagement (SIB)
Geschäftsbereich – Zentrales Flächenmanagement Sachsen
Außenstelle Dresden
Königsbrücker Straße 80
01099 Dresden

Von dort aus wird alles Weitere veranlasst.

Dies gilt auch, soweit das Vorkaufsrecht zugunsten einer Gemeinde oder einer Teilnehmergemeinschaft in einem Flurbereinigungsverfahren nach § 99a Abs. 5 WHG ausgeübt werden soll.

Für Notare besteht auf der Seite: Vorkaufsrecht nach § 99a WHG - Zentrales Flächenmanagement Sachsen - sachsen.de die Möglichkeit einer Onlineauskunft (die über das Netz der Bundesnotarkammer erfolgt).

Was für Grundstücke sind in der Positivliste enthalten?

In der Positivliste sind zum einen Grundstücke enthalten, die für Hochwasserschutzmaßnahmen des Freistaates Sachsen benötigt werden. Dahinter stehen konkrete Hochwasserschutzprojekte des Staatsbetriebes Landestalsperrenverwaltung (LTV), wie der Bau von Deichen, Flutungspoldern oder Hochwasserrückhaltebecken, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Planungsstadium oder in der Umsetzung befinden. Zum anderen enthält die Positivliste auch Grundstücke, die sächsische Gemeinden für kommunale Hochwasserschutzmaßnahmen benötigen.

Die Positivliste wird regelmäßig fortgeschrieben. Hierzu erfolgt jeweils vor Ablauf der Geltungsdauer der Liste eine erneute Veröffentlichung im Sächsischen Amtsblatt.

Bei jeder Fortschreibung können Grundstücke hinzukommen, die für neue Hochwasserschutzmaßnahmen des Freistaates Sachsen, sächsischer Gemeinden oder Teilnehmergemeinschaften in Flurbereinigungsverfahren benötigt werden. Andere Grundstücke können wegfallen, zum Beispiel weil sie inzwischen auf andere Weise erworben oder rechtlich gesichert werden konnten.

Was bedeutet der Eintrag in die Positivliste?

Der Eintrag in die Positivliste bedeutet zunächst nur, dass das Grundstück nicht vom Generalverzicht umfasst ist. Er sagt noch nichts darüber aus, ob der Freistaat das Vorkaufsrecht nach § 99a WHG tatsächlich ausüben wird. Hierzu erfolgt eine Einzelfallprüfung, sobald dem Freistaat ein Kaufvertrag für das betreffende Grundstück vorgelegt wird. Die Entscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab. So könnte je nach Sachlage auf die Ausübung des Vorkaufsrechts verzichtet werden, wenn zum Beispiel die Eintragung einer Grunddienstbarkeit in das Grundbuch ausreichen würde, um das Grundstück für die Hochwasserschutzmaßnahme rechtlich zu sichern. Gegebenenfalls kann das Vorkaufsrecht auch auf einen Teil des Grundstücks beschränkt werden.

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