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Gewässerstruktur

Die Struktur der Gewässer ist entscheidend für die Lebensbedingungen von Flora und Fauna in den Gewässern und der Aue. Veränderungen der natürlichen Struktur schränken die ökologische Funktionsfähigkeit eines Gewässers ein. Auf diesen Seiten stellen wir Ihnen die Bedeutung der Gewässerstruktur und die aktuelle Situation in Sachsen vor.

Bedeutung

Der Gehölzstreifen an einem Gewässer bietet einer Vielzahl von Arten Lebensraum, Unterschlupf, Nahrung und die Möglichkeit zur Ausbreitung © LfULG

Natürliche Bäche und Flüsse können je nach Lage und naturräumlichen Voraussetzungen ganz unterschiedlich aussehen. Bäche im Gebirge strömen schnell zwischen kleineren und größeren Steinen zu Tal. Im Tiefland fließt der gleiche Bach dann gemächlich durch sein kiesiges, lehmiges oder sandiges Bett. Aber bei näherem Hinschauen kann man auf engstem Raum unterschiedlichste Strukturelemente am Gewässer erkennen: Totholz, Sand- und Kiesbänke, schnell und langsam fließende Abschnitte, flache und tiefe Bereiche, steile und sanft abfallende Ufer, Aufweitungen und Engstellen. Begleitet werden natürliche Gewässer von typische Bäumen und Sträuchern und im Tiefland weiten sich die Auen, als natürliche Überschwemmungsbereiche.

All diese Strukturelemente eines Gewässers sind wichtige Lebensräume für unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten. Jede Tierart hat spezifische Ansprüche an ihren Lebensraum. Häufig benötigen typische Gewässerarten mehrere Strukturelemente im Laufe ihres Lebens, z. B. zur Jagd, als Ruheplätze, als Laichplätze oder für das arttypische Wanderungsverhalten. Ganz allgemein gilt, je vielfältiger ein Gewässer ist, umso höher ist dessen Biodiversität, wenn die Wassergüte intakt ist. Daher ist eine natürliche Gewässerstruktur eine entscheidende Voraussetzung für ein ökologisch intaktes Gewässer.

Entwicklung

schematische Darstellung der Fließgewässerentwicklung in Deutschland © Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG)

Die Flüsse und Seen Mitteleuropas werden vom Menschen seit Jahrhunderten für unterschiedliche Zwecke genutzt und in ihrer Gestalt entsprechend verändert. Die Abbildung zeigt exemplarisch die Entwicklung eines ursprünglichen, nur wenig genutzten Flusses vom Jahr 1600 bis heute. Das Gewässer wurde über Jahrhunderte für die Zwecke des Hochwasserschutzes, der Landgewinnung, der Landwirtschaft, der Industrie und anderer Interessen sehr stark verändert. Je intensiver die Nutzung ist, umso mehr nimmt in der Regel die strukturelle Vielfalt in unseren Gewässern ab.

Aktuelle Situation in Sachsen

Sachsen ist verhältnismäßig dicht besiedelt, früh industrialisiert, im Vergleich zu anderen Bundesländern unterdurchschnittlichem Maße bewaldet und im Tiefland intensiv landwirtschaftlich genutzt. Gerade in den Mittelgebirgen entwickelten sich die Dörfer mit ihrer Bebauung und den Verkehrswegen entlang der Gewässer.

Dies führt zu der Situation, dass 86 % der Gewässerabschnitte hierzulande als deutlich bis vollständig verändert in ihrer Gewässerstruktur zu bewerten sind. Bei diesen Gewässern sind negative Einflüsse auf Tiere und Pflanzen festzustellen. Aufgrund der größeren Abflussdynamik im Mittelgebirge ist dort die Gewässerstruktur im Durchschnitt besser als in anderen sächsischen Bereichen des Hügel- und Tieflandes.

Die am wenigsten veränderten Bäche in Sachsen sind der Triebenbach (Landkreis Görlitz, südlich Herrnhut), der Lauchbach (Landkreis Nordsachsen in der Dübener Heide), der Schafbach (Vogtlandkreis; oberhalb Talsperre Dröda) und der Aschbach (Landkreis Mittelsachsen, Zellwald südlich Nossen). Die am stärksten veränderten Gewässer finden sich in den Braunkohlebergbaurevieren sowie in den Städten und in intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten.

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(© LfULG)

Bewertung Fließgewässerstruktur 2013-2016

keine Daten - 304 km, unverändert - 57 km, gering verändert - 238 km, mäßig verändert - 738 km, deutlich verändert - 1069 km, stark verändert- 1817 km, sehr stark verändert - 2148 km, vollständig verändert - 1129 km
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(© LfULG)

strukturreicher Abschnitt des Aschbachs mit Prall- und Gleitufern, Totholz, Strömungs- und Substratdiversität

strukturreicher Abschnitt des Aschbachs mit Prall- und Gleitufern, Totholz, Strömungs- und Substratdiversität
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(© LfULG)

Für den Braunkohlebergbau wurde die Weiße Elster im Bereich Zwenkau in ein völlig naturfernes künstliches Bett verlegt.

Für den Braunkohlebergbau wurde die Weiße Elster im Bereich Zwenkau in ein völlig naturfernes künstliches Bett verlegt.
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(© LfULG)

Der Rauner Bach im Vogtland zählt zu den Bächen mit der besten Strukturgüte in Sachsen

Der Rauner Bach im Vogtland zählt zu den Bächen mit der besten Strukturgüte in Sachsen
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(© LfULG)

Der Marienthaler Bach fließt überwiegend im städtischen Bereich in Zwickau. Um sich vor den Folgen von Hochwasser zu schützen wurde dieser Bereich übermäßig stark gesichert. Lebensraum für Tiere und Pflanzen sind hier kaum zu finden.

Der Marienthaler Bach fließt überwiegend im städtischen Bereich in Zwickau. Um sich vor den Folgen von Hochwasser zu schützen wurde dieser Bereich übermäßig stark gesichert. Lebensraum für Tiere und Pflanzen sind hier kaum zu finden.
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(© LfULG)

In den sächsischen Gebirgslagen finden sich noch viele strukturreiche Gewässerabschnitte wie hier die Trieb im Vogtlandkreis

In den sächsischen Gebirgslagen finden sich noch viele strukturreiche Gewässerabschnitte wie hier die Trieb im Vogtlandkreis
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(© LfULG)

Dieser Abschnitt des Kettenbaches im Landkreis Meißen wurde für landwirtschaftliche Zwecke begradigt und ausgebaut. In solchen strukturarmen und unbeschatteten Bächen kann der gute Zustand nicht erreicht werden. Im sächsischen Tiefland sehen noch viele Bäche so ähnlich aus.

begradigter, eingetiefter und unbeschatteter Bach im sächsischen Tiefland

Kartierung der Gewässerstruktur

Inwieweit sich die heutige Struktur vom natürlichen Zustand unterscheidet, wird über die Gewässerstrukturkartierung erfasst. Dazu gibt es bundesweit abgestimmte Kartieranleitungen für Seen und Flüsse, damit die Ergebnisse vergleichbar sind. So wurden in Sachsen bislang ausgewählte Seen kartiert und in drei Durchläufen die Struktur der Fließgewässer. In den folgenden Abschnitten finden Sie die Ergebnisse der Kartierungen.

Die Klassifizierung der Seeuferstruktur erfolgt durch den Vergleich mit einem potentiell natürlichen Ufertyp als Referenzzustand. Im LAWA-Verfahren zur Uferstrukturellen Gesamtseeklassifizierung wurden 8 Ufertypen als Referenzen definiert, die sich durch Substrate und Neigung im landseitigen Bereich unterscheiden.

Die Bewertung erfolgt in einer 5-stufigen Skala, die die Abweichung vom Referenzzustand beschreibt:

Bewertungsskala Gewässerstrukturgüte Seen

Als Arbeitsgrundlage für Seeuferklassifizierung dienen neben Karten und Orthofotos, ergänzende Vor-Ort-Begehungen und Tiefenkarten, die die Uferlinie und den Seehohlkörper exakt beschreiben. Neben der  Klassifizierung einzelner Uferabschnitte können zusätzlich Bewertungen von Flachwasserzone, Uferzone und Umfeldzone dargestellt werden.

Die Ergebnisse zur Kartierung der Seeuferstruktur in Sachsen 2016 fasst folgender Bericht zusammen.

Derzeit ist das Vor-Ort-Verfahren die genaueste Methode zur Kartierung der Gewässerstruktur. In Sachsen werden für jeden 100-Meter-Abschnitt eines kleinen bis mittelgroßen Gewässers 16 Ausprägungen zur Charakteristik des Abschnitts  und 31 Einzelparameter zur Gewässerstruktur erhoben. Diese werden zu 6 Hauptparametern (Laufentwicklung, Längsprofil, Querprofil, Sohlenstruktur, Uferstruktur, Gewässerumfeld) mit etwa gleicher ökologischer Wertigkeit aggregiert. An großen Gewässern variiert die Abschnittslänge, die Erhebungsparameter und Bewertungen sind ähnlich der an kleinen bis mittelgroßen Gewässern. Durch einfache Mittelwertberechnung aus den 8 Hauptparametern (Hauptparameter Uferstruktur und Gewässerumfeld gehen mit je einem Wert für rechte und linke Seite ein) wird die Gesamtstruktur bestimmt und in 7 Strukturklassen angegeben:

Skala Bewertung Gewässerstrukturgüte Fließgewässer

Der zweite Durchgang der Gewässerstrukturkartierung in den Gewässern des Wasserrahmenrichtlinien (WRRL)-Berichtsgewässernetzes fand von 2013 bis 2016 statt. Die kartierte Fließgewässerstrecke beträgt ca. 7100 km.

In den letzten Jahren wurde die Verfahrensbeschreibung aktualisiert, verändert und zusammengefasst, um die Verknüpfung zur WRRL zu verstärken und den Erfahrungen der bisherigen Nutzer der Anleitungen Rechnung zu tragen. Die Erfassung erfolgte in diesem Durchgang mit geringen Abweichungen nach der Kartieranleitung »Gewässerstruktur in Nordrhein-Westfalen – Kartieranleitung für die kleinen bis großen Fließgewässer« LANUV-Arbeitsblatt 18. Kleine Gewässer wurden in 100-Meter-Abschnitte, große Gewässer in 500-Meter-Abschnitten kartiert. Im folgenden sind daher die angepassten Erhebungsbögen (Papierversionen) sowie die Kartieranleitung der LANUV aufgeführt.

Der erste Durchgang der Gewässerstrukturkartierung an den Gewässern des WRRL-Berichtsgewässernetzes fand von 2005 bis 2008 statt. Für zum Kartierzeitpunkt trockene Gewässer erfolgte eine Nachkartierung im Herbst 2009. Die kartierte Fließgewässerstrecke beträgt ca. 7100 km. An kleinen Fließgewässern wurde die Struktur für alle 100-Meter-Abschnitte nach der Kartieranleitung »Gewässerstrukturgütekartierung in der Bundesrepublik Deutschland – Verfahren für kleine und mittelgroße Fließgewässer« (LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT WASSER (LAWA) (Hrsg.), Berlin, 2000) erfasst. An großen Fließgewässern, z.B. Neiße, Elbe, Vereinigte Mulde, Abschnitten der Zwickauer Mulde, der Freiberger Mulde und der Weißen Elster wurde die Struktur für 300-Meter-Abschnitte erhoben. Dabei ging man nach der Kartieranleitung »Gewässerstrukturgüte in Nordrhein-Westfalen, Anleitung für die Kartierung mittelgroßer bis großer Fließgewässer« (LUA-Merkblätter Nr. 26, Essen, 2001) vor.

2001 wurden die ersten Schritte zur Darstellung von Fließgewässern hinsichtlich ihrer Gewässerstruktur in Sachsen unternommen. Die Bewertung erfolgte nach dem Verfahren der »Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) (Hrsg.), (April 1999): Gewässerstrukturgütekartierung in der Bundesrepublik Deutschland – Übersichtsverfahren (unveröffentl.)«. Ca. 2000 Kilometer repräsentativ ausgewählter Fließgewässerstrecke wurden mit einer intensiven Vorbereitung/Interpretation vorhandener Daten und Karten sowie einer anschließend stattfindenen Plausibilisierung im Gelände erfaßt, bewertet und in eine Güteklasse eingeordnet.

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